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Eine elektronische Strafanzeige für rund 400 ÖV-Betriebe und Behörden

Eine elektronische Strafanzeige für rund 400 ÖV-Betriebe und Behörden

Standards

Mit einem Projekt in Freiburg und einer Projektinitiative in Zürich lancieren HIS und PTI eine einheitliche, medienbruchfreie und landesweite elektronische Strafanzeige für den öffentlichen Verkehr.

Von 2,2 Millionen kontrollierten Fahrgästen waren circa 60 000 ohne Ticket unterwegs, so die Bilanz der Verkehrsbetriebe Zürich für das Jahr 2022. Das sind 2,7 % der kontrollierten Fahrgäste. Die Situation in Bern oder Freiburg ist ähnlich wie in Zürich. Seit der Einführung des nationalen Schwarzfahrerregisters im Jahr 2019 hat die Alliance SwissPass insgesamt mehr als 2,5 Millionen Schwarzfahrer registriert. Dies entspricht einer monatlichen Zahl von rund 55 000 Fällen. Die ÖV-Betriebe verlieren jährlich mehr als 60 Millionen Franken aufgrund dieser Entwicklung. In dieser Rechnung ist der Aufwand der Behörden für die Bearbeitung der Strafanzeigen nicht berücksichtigt. Derzeit werden von rund 260 ÖV-Betrieben Strafanzeigen an 140 Behörden per Post oder E-Mail versendet. Diese Art der Belieferung wird aber bald Geschichte sein. Die Branchenorganisation Alliance SwissPass will bis zum Jahr 2035 alle Geschäftsprozesse vollständig digitalisieren. Aus diesem Grund haben auch HIS und PTI mit der Förderung der Digitalisierung durch Standardisierung begonnen.

Strafanzeige – aktuell
«Allein wir haben derzeit 98 Adressaten, bei denen wir Strafanzeige erstatten», sagt Daniel Hunkeler, der bei den SBB für den entsprechenden Geschäftsprozess zuständig ist. Meistens findet diese Adressierung per Post oder E-Mail statt.

Der folgende Ablauf einer Strafanzeige lässt sich aus der HIS-Analyse dieses Geschäftsprozesses bei den ÖV-Partnern ableiten:
Die Kontrolleurin oder der Kontrolleur hält eine Kundin bzw. einen Kunden ohne gültigen Fahrausweis an und erfasst dessen Daten in der Fachanwendung des Verkehrsunternehmens; sie erscheinen dann auf dem Bildschirm einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters; diese oder dieser füllt eine Anzeige in Word aus und konvertiert das Dokument in PDF, bevor es per E-Mail oder per Post an die Staatsanwaltschaft, die Polizei oder das Gericht geschickt wird.

Rafael Brenta, der leitende Gerichtsschreiber der Freiburger Staatsanwaltschaft, erklärt den Prozess in seiner Behörde weiter: «Nach Eingang der Anzeige des ÖV-Unternehmens eröffnet ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin ein Dossier und gibt die Daten in die Anwendung der Staatsanwaltschaft ein; im nächsten Schritt wird die Verfügung durch Übernahme der erfassten Daten vorbereitet und mit der Busse sowie den Verfahrenskosten ergänzt. Sobald der Beschluss vervollständigt ist, wird er einem Gerichtsschreiber oder einer Gerichtsschreiberin zur Kontrolle übergeben und anschliessend für den Versand fertiggestellt.»

Elektronische Strafanzeige – künftig
«Mit den technischen Mitteln und Lösungen, die uns heute zur Verfügung stehen, kann der Prozess viel kürzer und effizienter gestaltet werden», sagt Ramona Bucheli aus dem Fachbereich IT – Digitalisierung und Projekte beim Stadtrichteramt Zürich.

Franz Achermann, IT-Architekt im Projekt Justitia 4.0, teilt diese Meinung (vgl. Artikel «Standardisierung des elektronischen Aktenaustauschs durch die Plattform ‹Justitia.Swiss›»). Er schlägt einen viel kürzeren, dreistufigen Ablauf über die zukünftige Justizplattform vor: «In die Fachapplikation des ÖV-Betriebs ist eine Schnittstelle einzubauen. Diese muss in der Lage sein, ein Zip-File mit PDF, Beilagen und einem XML-File via Plattform Justitia.Swiss an die Fachapplikation der Staatsanwaltschaft zu senden, die das Zip-File einlesen kann», lautet die Lösung.

Prozesse überdenken und vereinheitlichen
Allenfalls bietet sich auch Potenzial für Prozessoptimierungen, beispielsweise die Möglichkeit Triagestellen zu definieren, wo diese noch nicht existieren, sodass pro Kanton und Behörde nur eine Adresse für den Empfang der Anzeigen definiert werden kann. Grundsätzlich empfiehlt es sich, nicht einfach bestehende Prozesse abzubilden, sondern diese für die Digitalisierung zu überdenken und wenn immer möglich zu vereinheitlichen. So muss die Polizei zum Beispiel bei diesen Anzeigen nicht zwingend in den Prozess eingebunden sein. Dies ist heute jedoch teilweise der Fall.

Im Moment arbeiten HIS, PTI und die Partnerorganisationen an den Grundlagen für eine praktische Umsetzung. Die Beteiligten arbeiten darauf hin, die skizzierte Lösung in den kommenden Monaten in Freiburg und Zürich mit dem neu designten Datenstandard (vgl. Interview «Der Standard eCH-0051 setzt sich neu modular zusammen») zu pilotieren und anschliessend den rund 400 Akteuren zur Anwendung zu empfehlen.

Eine elektronische Strafanzeige für rund 400 ÖV-Betriebe und Behörden

Eine elektronische Strafanzeige für rund 400 ÖV-Betriebe und Behörden

Standards

Mit einem Projekt in Freiburg und einer Projektinitiative in Zürich lancieren HIS und PTI eine einheitliche, medienbruchfreie und landesweite elektronische Strafanzeige für den öffentlichen Verkehr.

Von 2,2 Millionen kontrollierten Fahrgästen waren circa 60 000 ohne Ticket unterwegs, so die Bilanz der Verkehrsbetriebe Zürich für das Jahr 2022. Das sind 2,7 % der kontrollierten Fahrgäste. Die Situation in Bern oder Freiburg ist ähnlich wie in Zürich. Seit der Einführung des nationalen Schwarzfahrerregisters im Jahr 2019 hat die Alliance SwissPass insgesamt mehr als 2,5 Millionen Schwarzfahrer registriert. Dies entspricht einer monatlichen Zahl von rund 55 000 Fällen. Die ÖV-Betriebe verlieren jährlich mehr als 60 Millionen Franken aufgrund dieser Entwicklung. In dieser Rechnung ist der Aufwand der Behörden für die Bearbeitung der Strafanzeigen nicht berücksichtigt. Derzeit werden von rund 260 ÖV-Betrieben Strafanzeigen an 140 Behörden per Post oder E-Mail versendet. Diese Art der Belieferung wird aber bald Geschichte sein. Die Branchenorganisation Alliance SwissPass will bis zum Jahr 2035 alle Geschäftsprozesse vollständig digitalisieren. Aus diesem Grund haben auch HIS und PTI mit der Förderung der Digitalisierung durch Standardisierung begonnen.

Strafanzeige – aktuell
«Allein wir haben derzeit 98 Adressaten, bei denen wir Strafanzeige erstatten», sagt Daniel Hunkeler, der bei den SBB für den entsprechenden Geschäftsprozess zuständig ist. Meistens findet diese Adressierung per Post oder E-Mail statt.

Der folgende Ablauf einer Strafanzeige lässt sich aus der HIS-Analyse dieses Geschäftsprozesses bei den ÖV-Partnern ableiten:
Die Kontrolleurin oder der Kontrolleur hält eine Kundin bzw. einen Kunden ohne gültigen Fahrausweis an und erfasst dessen Daten in der Fachanwendung des Verkehrsunternehmens; sie erscheinen dann auf dem Bildschirm einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters; diese oder dieser füllt eine Anzeige in Word aus und konvertiert das Dokument in PDF, bevor es per E-Mail oder per Post an die Staatsanwaltschaft, die Polizei oder das Gericht geschickt wird.

Rafael Brenta, der leitende Gerichtsschreiber der Freiburger Staatsanwaltschaft, erklärt den Prozess in seiner Behörde weiter: «Nach Eingang der Anzeige des ÖV-Unternehmens eröffnet ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin ein Dossier und gibt die Daten in die Anwendung der Staatsanwaltschaft ein; im nächsten Schritt wird die Verfügung durch Übernahme der erfassten Daten vorbereitet und mit der Busse sowie den Verfahrenskosten ergänzt. Sobald der Beschluss vervollständigt ist, wird er einem Gerichtsschreiber oder einer Gerichtsschreiberin zur Kontrolle übergeben und anschliessend für den Versand fertiggestellt.»

Elektronische Strafanzeige – künftig
«Mit den technischen Mitteln und Lösungen, die uns heute zur Verfügung stehen, kann der Prozess viel kürzer und effizienter gestaltet werden», sagt Ramona Bucheli aus dem Fachbereich IT – Digitalisierung und Projekte beim Stadtrichteramt Zürich.

Franz Achermann, IT-Architekt im Projekt Justitia 4.0, teilt diese Meinung (vgl. Artikel «Standardisierung des elektronischen Aktenaustauschs durch die Plattform ‹Justitia.Swiss›»). Er schlägt einen viel kürzeren, dreistufigen Ablauf über die zukünftige Justizplattform vor: «In die Fachapplikation des ÖV-Betriebs ist eine Schnittstelle einzubauen. Diese muss in der Lage sein, ein Zip-File mit PDF, Beilagen und einem XML-File via Plattform Justitia.Swiss an die Fachapplikation der Staatsanwaltschaft zu senden, die das Zip-File einlesen kann», lautet die Lösung.

Prozesse überdenken und vereinheitlichen
Allenfalls bietet sich auch Potenzial für Prozessoptimierungen, beispielsweise die Möglichkeit Triagestellen zu definieren, wo diese noch nicht existieren, sodass pro Kanton und Behörde nur eine Adresse für den Empfang der Anzeigen definiert werden kann. Grundsätzlich empfiehlt es sich, nicht einfach bestehende Prozesse abzubilden, sondern diese für die Digitalisierung zu überdenken und wenn immer möglich zu vereinheitlichen. So muss die Polizei zum Beispiel bei diesen Anzeigen nicht zwingend in den Prozess eingebunden sein. Dies ist heute jedoch teilweise der Fall.

Im Moment arbeiten HIS, PTI und die Partnerorganisationen an den Grundlagen für eine praktische Umsetzung. Die Beteiligten arbeiten darauf hin, die skizzierte Lösung in den kommenden Monaten in Freiburg und Zürich mit dem neu designten Datenstandard (vgl. Interview «Der Standard eCH-0051 setzt sich neu modular zusammen») zu pilotieren und anschliessend den rund 400 Akteuren zur Anwendung zu empfehlen.

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