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Informatik-Standards der Strafjustizkette (Sicap)

Standardisierung ist der Schlüssel zur erfolgreichen Digitalisierung. Sie sorgt dafür, dass Schnittstellen verschiedener Fachanwendungen die gleiche Sprache sprechen. Daten und Dokumente können elektronisch und ohne manuelle Mehrfacherfassung ausgetauscht werden und Arbeitsabläufe werden automatisiert, Informationen schneller verfügbar und in besserer Qualität weiterverarbeitet. Mitarbeitende werden von fehleranfälligen Aufgaben entlastet und können sich auf die Steuerung und Qualitätskontrolle ihrer Geschäfte konzentrieren. Dafür entwickelt und bewirtschaftet Sicap Standards für die Strafjustiz, sogenannte Fachkataloge und einen Basiskatalog, stellt Werkzeuge zur Umsetzung zur Verfügung und unterstützt bei deren Nutzung. Sicap ist eine dauerhafte Zusammenarbeit zwischen HIS, PTI und dem ISC-EJPD im Rahmen des Vereins eCH für Schweizer eGovernment-Standards.

Standardisierung einfach erklärt

Fachkataloge

Diese Standards enthalten fachliche Vorgaben für den Austausch von Daten in bestimmten Anwendungsfällen und zwischen bestimmten Stellen und Partnern der Strafjustizkette. Sicap hat bereits einen ersten Fachkatalog erstellt und publiziert. Weitere Fachkataloge sind in Arbeit bzw. Planung.

Publiziert

  • Standard eCH-0280, Datenaustausch bei Strafanzeigen im öffentlichen Verkehr: Wenn jemand den Zuschlag fürs Fahren ohne gültigen Ausweis («Schwarzfahren») nicht bezahlt, kann das Transportunternehmen eine Strafanzeige erstatten. Der Standard eCH-0280 regelt den Datenaustausch zwischen dem Transportunternehmen und den Strafverfolgungsbehörden wie Staatsanwaltschaft oder Stadtrichteramt. Dazu wurde ein Pilotprojekt mit dem Kanton Freiburg realisiert. Seit Frühling 2024 übermitteln die Freiburgischen Verkehrsbetriebe (TPF) die Strafanzeigen über die Plattform justitia.swiss an die Staatsanwaltschaft Freiburg. Im Endausbau sollen zumindest die grösseren Transportunternehmen ihre Strafanzeigen wegen Reisen ohne gültigen Fahrausweis elektronisch an die zuständigen Strafbehörden einreichen und über den gleichen Weg Rückmeldungen über den Verfahrensstatus erhalten. Sicap koordiniert deshalb die weitere Verbreitung des Standards und unterstützt die Beteiligten bei Fragen der Umsetzung.
  • Meldewesen Beherbergung: Hotels und andere Beherbergungsbetriebe sind verpflichtet der Polizei zu melden, welche Gäste sie beherbergen. Der Kanton Bern plant eine automatische Schnittstelle basierend auf dem Standard. Parallel zu den Arbeiten von Sicap stellt das seco Überlegungen an, ob im Unternehmensportal EasyGov ein entsprechender Service angeboten werden sollte.
  • Polizei-Abfrageplattform: Im Programm POLAP ist auch die Einbindung der kantonalen Polizeianwendungen und insbesondere der Waffenregister in die Abfrage geplant. Diese soll auf eCH-0051 V3.0 basieren und der Basiskatalog (siehe unten) soll entsprechend ergänzt werden. Ob ein oder mehrere Fachkataloge als eCH-Standard publiziert werden, ist noch nicht entschieden.
  • Datenaustausch Polizei – Staatsanwaltschaft: Diese beiden Stellen tauschen in verschiedenen Konstellationen Daten aus: von nicht bezahlten Ordnungsbussen, die meist im Stafbefehlsverfahren abgewickelt werden bis zur langjährigen und engen Zusammenarbeit bei gemeinsam geführten Ermittlungen bzw. Untersuchungen. Im Bereich der Ordnungsbussen betreiben bereits viele Kantone eine automatisierte Schnittstelle. Mit dem künftigen Standard soll erreicht werden, dass die entsprechenden Anwendungsschnittstellen nicht bei jeder Umsetzung immer wieder von Grund auf neu spezifiziert werden müssen.
  • Urteile mit Freiheitsstrafen: Hier liegt der Fokus zunächst nicht auf den Gerichtsurteilen, sondern auf den Strafbefehlen mit Anordnung zum Freiheitsentzug sowie auf nicht bezahlten Geldstrafen, die in Freiheitsstrafen umgewandelt werden, sogenannten Ersatzfreiheitsstrafen. Solche Anordnungen gehen meist von den Staatsanwaltschaften und ihren Inkassostellen an die Justizvollzugsbehörden.

In Arbeit

  • Standard eCH-0281, Datenaustausch Polizei – Individualverkehr: Dieser Standard betrifft den Datenaustausch zwischen Polizei sowie Strassen- und Schiffsverkehrsämtern, z.B. bei Meldungen, die zu Massnahmen wie Führerscheinentzug führen. Oder wenn auf Bitte des Strassenverkehrsamts die Polizei Nummernschilder einziehen muss. Eine Pilotierung erster Fragmente des Standards ist 2025 in der Ostschweiz geplant.
  • Meldewesen Beherbergung: Hotels und andere Beherbergungsbetriebe sind verpflichtet der Polizei zu melden, welche Gäste sie beherbergen. Der Kanton Bern plant eine automatische Schnittstelle basierend auf dem Standard. Parallel zu den Arbeiten von Sicap stellt das seco Überlegungen an, ob im Unternehmensportal EasyGov ein entsprechender Service angeboten werden sollte.
  • Polizei-Abfrageplattform: Im Programm POLAP ist auch die Einbindung der kantonalen Polizeianwendungen und insbesondere der Waffenregister in die Abfrage geplant. Diese soll auf eCH-0051 V3.0 basieren und der Basiskatalog (siehe unten) soll entsprechend ergänzt werden. Ob ein oder mehrere Fachkataloge als eCH-Standard publiziert werden, ist noch nicht entschieden.
  • Datenaustausch Polizei – Staatsanwaltschaft: Diese beiden Stellen tauschen in verschiedenen Konstellationen Daten aus: von nicht bezahlten Ordnungsbussen, die meist im Stafbefehlsverfahren abgewickelt werden bis zur langjährigen und engen Zusammenarbeit bei gemeinsam geführten Ermittlungen bzw. Untersuchungen. Im Bereich der Ordnungsbussen betreiben bereits viele Kantone eine automatisierte Schnittstelle. Mit dem künftigen Standard soll erreicht werden, dass die entsprechenden Anwendungsschnittstellen nicht bei jeder Umsetzung immer wieder von Grund auf neu spezifiziert werden müssen.
  • Urteile mit Freiheitsstrafen: Hier liegt der Fokus zunächst nicht auf den Gerichtsurteilen, sondern auf den Strafbefehlen mit Anordnung zum Freiheitsentzug sowie auf nicht bezahlten Geldstrafen, die in Freiheitsstrafen umgewandelt werden, sogenannten Ersatzfreiheitsstrafen. Solche Anordnungen gehen meist von den Staatsanwaltschaften und ihren Inkassostellen an die Justizvollzugsbehörden.

Beginn der Arbeiten für 2025 geplant

  • Datenaustausch zwischen den Notruf- und Einsatzzentralen: Die Zusammenarbeit in der Ereignisbewältigung zwischen den Rettungs- und Schutzorganisationen soll schweizweit vereinfacht werden, indem ein Standard für den elektronischen Datenaustausch von Einsatzdaten und Einsatzmitteln geschaffen wird.
  • Datenaustausch bei der länderübergreifenden Vollstreckung von Verkehrsbussen: Unbezahlte Bussen im Ausland können basieren auf Staatsverträgen zwischen den Staatsanwaltschaften beider Länder mit sogenannten Vollstreckungshilfeersuchen einkassiert werden. Der entsprechende Vertrag zwischen Deutschland und der Schweiz trat 2024 in Kraft. Aktuell laufen Abklärungen und Beratungen mit rund 10 Kantonen zur aktuellen und künftigen organisatorischen Abwicklung solcher Fälle. Dabei wird auch geprüft, wie ein elektronischer Austausch funktioniere könnte. Im Rahmen eines solchen Fachkatalogs muss insbesondere die Frage geklärt werden, wie der Bezug zu bestehenden europäischen Standards hergestellt wird.
  • Datenaktualisierung im Zusammenhang mit der künftigen einheitlichen Personenakte im Justizvollzug: Hier liegt der Fokus auf der Verbesserung des Datenaustauschs zwischen den Justizvollzugsbehörden und den Institutionen wie Gefängnissen. Das Projekt eJustizvollzugsakte zielt darauf ab, Akten künftig elektronisch und ohne doppelte Einträge zu verwalten. Gleichzeitig sollte auch sichergestellt werden, dass die Einträge in den entsprechenden Fachanwendungen nur einmal geführt oder synchronisiert werden.

Basiskatalog

Die Version 3 des Standards eCH-0051 wurde aufgrund des Projekts «Redesign eCH-0051» neugestaltet und heisst jetzt Basiskatalog. Gleichzeitig wurde das neue Rahmenkonzept mit Vorgaben für die Standardisierung publiziert. Die wichtigsten Grundsätze dazu sind:

  • Nutzen der Standardisierung: Im Fokus stehen häufige Anwendungsfälle mit grossem Potenzial zur Effizienzsteigerung. Standards reduzieren in den Projekten den Aufwand für die Beschreibung von Schnittstellen und im Betrieb den Aufwand für Prüfungen und Nachbearbeitungen.
  • Modularer Aufbau des Basiskatalogs: Der Basiskatalog enthält allgemeine, übergeordnete Attribute bzw. Elemente wie z.B. die AHV-Nummer nach Themen (Modulen) gruppiert. Andere Standards (Fachkataloge) können diese verwenden, ohne sie jedes Mal neu zu definieren.
  • Fachkataloge für bestimmte Anwendungsfälle: Fachliche Standards beschreiben spezielle Datenstrukturen und ermöglichen den strukturierten Austausch von gleichen Informationen zwischen einer Vielzahl von beteiligten Stellen. Sie sind nicht Teil des Standards eCH-0051, nutzen aber die Elemente des Basiskatalogs. Fachkataloge erhalten eine eigene eCH-Standardisierungsnummer. Das Sicap-Team sorgt für die Abstimmung zwischen Basiskatalog und Fachkatalogen.

Werkzeuge zur Umsetzung

Sicap entwickelt Werkzeuge zur Unterstützung bei der Nutzung von Standards und ist Bindeglied zu nationalen Übermittlungsplattformen.

Effizienzsteigerung: Referenzwerte/Codetabellen
Informatikanwendungen nutzen regelmässig Referenzwerte, die in Codetabellen organisiert sind (z.B. Länder- oder Sprachcodes). Damit der Datenaustausch reibungslos funktioniert, müssen beide Anwendungen dieselben Codetabellen verwenden und aktuell halten. Einige Werte sind international standardisiert, andere müssen neu erstellt werden, besonders für spezifische Fachbereiche.

Zentrale Bundesanwendungen wie Ripol und Vostra bieten diese Codetabellen bereits an, jedoch fehlen sie für Anwendungen, die über keine zentrale Komponente verbunden sind. Sicap arbeitet zusammen mit dem ISC-EJPD daran, diese Lücke zu schliessen. Aktuell sind die Codetabellen als Übergangslösung zum manuellen Download verfügbar, künftig soll der Zugriff automatisch über Schnittstellen möglich sein.

Qualitätssicherung: SanityCheck-Service
Seit 2019 hilft der SanityCheck-Service von HIS und PTI, die Einhaltung von Standards bei Anwendungsfällen zu sichern. Er überprüft, ob Datenstrukturen korrekt umgesetzt sind. Nicht alle Regeln der verschiedenen Anwendungsfälle lassen sich technisch über das XML-Schema überprüfen, daher sollten neue Exportfunktionen während der Entwicklung regelmässig mit dem SanityCheck-Service getestet werden. So wird sichergestellt, dass die Datenstruktur in der erwarteten Form an die Empfängeranwendung übermittelt wird.

Der SanityCheck-Service einfach erklärt:

 

Übermittlung: Plattform justitia.swiss

Justitia 4.0 entwickelt die Plattform justitia.swiss für den elektronischen Rechtsverkehr und die elektronische Akteneinsicht. Akten können als Sendungen direkt über eine Schnittstelle (API) zwischen der Plattform und den Fachanwendungen übermittelt und empfangen werden. Die Sendungen enthalten z.B. PDF-Dokumente oder digitale Beweismittel und können auch mit Daten der Fachkataloge ergänzt werden. Seit Frühling 2024 wird justitia.swiss im Kanton Freiburg zur Übermittlung von Strafanzeigen gemäss eCH-0280 genutzt. Weitere Schnittstellenerweiterungen von justitia.swiss sind geplant – auch im Zusammenhang mit der Verbreitung von eCH-0280.

Für automatisierte Übermittlungen, insbesondere im Polizeiumfeld, hat sich die Plattform sedex etabliert. Sie wird auch weiterhin eingesetzt, ausser das künftige Bundesgesetz über die Plattformen für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) schreibt eine ausschliessliche Nutzung von justitia.swiss vor.

Sicap-Organisation

Sicap ist eine dauerhafte Zusammenarbeit zwischen HIS, PTI und dem ISC-EJPD im Rahmen des Vereins eCH für Schweizer eGovernment-Standards. Die eCH-Fachgruppe «Polizei/Justiz» überwacht die Qualität der Sicap-eCH-Standards. Verschiedene Expertengruppen aus Polizei, Justiz und Justizvollzug arbeiten in themenbezogenen Fach- und temporären Arbeitsgruppen zusammen. Die gemeinsame operative Leitung liegt bei zwei Servicemanagern von HIS und PTI. Der Sicap-Ausschuss mit Vertreterinnen und Vertretern der gesamten Strafjustizkette steuert die Arbeiten von Sicap.

Planung und Meilensteine

2024

  • Erarbeitung und Publikation der Standards eCH-0051 (Version 3) und eCH-0280
  • Pilotinstallation für elektronische Strafanzeigen im öffentlichen Verkehr im Kanton Freiburg
  • Neubesetzung des Sicap-Ausschusses und Erweiterung der Sicap-Organisation

2025

  • Sukzessive Erweiterung der Standards mit weiteren Fachkatalogen bzw. Anwendungsfällen
  • Laufende Unterstützung der Umsetzungsprojekte durch Beratung hinsichtlich Verbreitung und Qualitätssicherung
  • Festigung der Sicap-Organisation

Archiv
Übersicht 2017 – 2023

 

Begriffe

Die Definitionen der wichtigsten Begriffe rund um Sicap stehen auf Deutsch und Französisch zur Verfügung. Sie werden laufend ergänzt und aktualisiert.

Sicap-Begriffe (v.1.2)

Kontakt

Haben Sie Fragen zu Sicap oder zu den Sicap-Standards? Am besten erreichen Sie das Service-Team über sicap@his-schweiz.ch

Albano Bernasconi, HIS-Programm
Service-Manager Justiz 

Martin Page, PTI Schweiz
Service-Manager eCH-0051